Schuhwerk für Berufskraftfahrer | Pflichten, Sicherheit und Konsequenzen im Taxigewerbe
Berufskraftfahrer tragen täglich eine große Verantwortung – nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihre Fahrgäste, andere Verkehrsteilnehmer und das ihnen anvertraute Fahrzeug. Eine oftmals unterschätzte, aber sicherheitsrelevante Komponente der persönlichen Ausrüstung, ist das richtige Schuhwerk.
Dies gilt besonders für das Taxigewerbe, das geprägt ist von unmittelbarem Kundenkontakt, ständigem Ein- und Aussteigen sowie Tätigkeiten bei wechselnden Bedingungen wie z.B. regennasse Fahrbahn, Werkstattboden usw.
Die Frage nach geeignetem Schuhwerk gewinnt gerade bei den derzeitigen Temperaturen an Bedeutung.
Der Begriff „fest umschließendes Schuhwerk“ sollte in allen Dienstanweisungen oder in anderen internen Regelungen der Taxi- und Mietwagenunternehmen (z.B. Sicherheitsunterweisung im Sinne der arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Betreuung) angesprochen werden, er hat nicht unerhebliche Relevanz.
Der folgende Bericht beleuchtet die einschlägigen Vorschriften, juristische Urteile und die praktischen Implikationen für das Taxigewerbe.

1. Was bedeutet „fest umschließendes Schuhwerk“?
Der Begriff „fest umschließend“ ist gesetzlich nicht definiert, wird jedoch in der Verkehrssicherheitsdebatte, von Berufsgenossenschaften und in der Rechtsprechung regelmäßig verwendet. Gemeint sind Schuhe,
- die den Fuß vollständig umschließen,
- einen ausreichenden Halt gewährleisten und
- eine sichere Kraftübertragung auf die Pedalerie ermöglichen.
Dazu zählen insbesondere geschlossene Halbschuhe mit fester Sohle und Fersenhalt. Sandalen, Flip-Flops, High Heels oder barfuß-Fahren ist als nicht geeignet anzusehen. Dies gebietet anundfürsich schon der gesunde Menschenverstand. Entscheidend ist die Fahrsicherheit: Der Fuß muss in jeder Situation schnell und präzise zwischen Gas, Bremse und Kupplung wechseln können – ohne zu verrutschen.
2. Relevanz für das Taxi- und Mietwagengewerbe
Im Anwendungsbereich des PBefG besteht bekanntermaßen eine erhöhte Verantwortung gegenüber Fahrgästen. Die Rechtsprechung dazu ist eindeutig. Die Fahrgastbeförderung erfordert jederzeitige Kontrolle über das Fahrzeug, auch in fordernden oder kritischen Situationen wie permanenter Stadtverkehr, Stau bei 35 Grad im Schatten oder bei plötzlich notwendigen Bremsmanövern. Zugleich gehört das ständige Verlassen des Fahrzeugs – etwa beim Verstauen von Gepäck oder bei der Hilfestellung gegenüber älteren oder eingeschränkten Personen – zur täglichen Praxis und Routine. Hier erhöht ungeeignetes Schuhwerk nicht nur das Unfallrisiko beim Fahren, sondern auch bei den Beförderungsnebentätigkeiten wie Gehen auf unebenen oder rutschigen Untergründen.
Ein weiteres Argument: Der repräsentative Aspekt. Taxiunternehmen und deren Fahrer sind Dienstleistungsanbieter – der äußere Eindruck, einschließlich des Schuhwerks, kann das Bild des gesamten Unternehmens – und nicht zuletzt auch der Branche – prägen. „Kleider machen Leute“ meinte schon Gottfried Keller in seiner Novelle. Die Fuß-„Bekleidung“ gehört dazu.
3. Gesetzliche Vorschriften und Arbeitsschutz
Das Straßenverkehrsgesetz (StVG) und die Straßenverkehrsordnung (StVO) enthalten keine explizite Regelung zum Schuhwerk von Fahrzeugführern. Nichtdestrotrotz ergibt sich aus § 1 StVO das Gebot der allgemeinen Vorsicht und gegenseitigen Rücksichtnahme, das auch eine angemessene persönliche Ausrüstung impliziert. Der Fahrer muss das Fahrzeug jederzeit sicher führen können.
Hinzu kommt das Arbeitsschutzgesetz (§ 15 ArbSchG), das Arbeitnehmer verpflichtet, durch ihr Verhalten zur eigenen Sicherheit und der anderer beizutragen. Arbeitgeber, hier also Taxiunternehmen, sind wiederum verpflichtet, durch Gefährdungsbeurteilungen (§ 5 ArbSchG) geeignete Schutzmaßnahmen festzulegen – dazu kann auch eine Dienstanweisung für geeignetes Schuhwerk gehören. Soweit Sie mit Personal arbeiten, sollten Sie sich um eine entsprechende Verpflichtung Ihres Personals kümmern.
Im Übrigen greifen die Vorschriften der Berufsgenossenschaft Verkehr (BG Verkehr), die bei Arbeitsunfällen von Berufskraftfahrern maßgeblich ist. Sie empfiehlt ausdrücklich festes Schuhwerk für Fahrzeugführer – eine Empfehlung, die bei Unfällen vor Gericht oft als Maßstab herangezogen wird.
4. Was die Rechtsprechung sagt
Die Rechtsprechung hat sich mehrfach mit dem Thema „ungeeignetes Schuhwerk beim Fahren“ beschäftigt – wenn auch zumeist im Kontext von Versicherungsfragen und Bußgeldverfahren. Drei Urteile führen wir exemplarisch auf:
a) OLG Bamberg
(Beschluss vom 15.05.2006, Az. 2 Ss OWi 577/06):
Das Gericht befand, dass das Fahren mit Flip-Flops eine Ordnungswidrigkeit darstellen kann, wenn dadurch die sichere Fahrzeugführung gefährdet wird. Ein Bußgeld wurde verhängt, weil der Fahrer wegen seines Schuhwerks nicht rechtzeitig bremsen konnte. Das Urteil betont: Jeder Fahrer muss in der Lage sein, das Fahrzeug sicher zu führen – das schließt die Wahl geeigneter Schuhe ein.
b) Arbeitsgericht Frankfurt a.M.
(Urteil vom 21.10.2014, Az. 7 Ca 456/14):
Ein Berufskraftfahrer hatte sich geweigert, den Dienstanweisungen seines Arbeitgebers zu folgen, die festes Schuhwerk vorschrieben. Als Folge wurde er abgemahnt. Das Gericht bestätigte die Abmahnung als rechtmäßig: Der Arbeitgeber dürfe aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen verbindliche Vorgaben zum Schuhwerk machen.
c) Landessozialgericht Hessen
(Urteil vom 13.11.2012, Az. L 3 U 33/10):
Ein Berufskraftfahrer hatte beim Aussteigen mit offenen Sandalen einen Unfall erlitten. Die Berufsgenossenschaft verweigerte die Anerkennung als Arbeitsunfall, da der Fahrer sich nicht an die Empfehlungen zum Arbeitsschutz gehalten habe. Das Gericht stützte die Entscheidung: Eine Mitverantwortung durch fahrlässige Schuhwahl sei gegeben.

Die ausgewählten Urteile zeigen: Wer als Berufskraftfahrer ungeeignetes Schuhwerk trägt, riskiert nicht nur Bußgelder, sondern auch arbeitsrechtliche Konsequenzen oder auch Kürzungen von Versicherungsleistungen.
5. Umsetzung in der Praxis – Verantwortung der Unternehmer des PBefG
Taxi- und Mietwagenunternehmen sowie deren Fuhrparkleiter sind in der Pflicht, für Sicherheit am Arbeitsplatz zu sorgen. Dazu gehört auch die Sensibilisierung des Fahrpersonals für angemessenes Schuhwerk. In vielen Betrieben ist dies bereits Teil der betrieblichen Unterweisung nach § 12 Arbeitsschutzgesetz. Einige Unternehmen gehen einen Schritt weiter und schreiben in ihrer Bekleidungsordnung explizit festes, geschlossenes Schuhwerk vor. Wir halten diese Vorgehensweise für vorbildlich. Schulungen und betriebliche Kontrollen können dabei helfen, die Einhaltung dieser Arbeitnehmerpflichten durchzusetzen. Eine klare Kommunikation und Argumentation, warum diese Regelungen keine „Gängelung“ sind, sondern zum Schutz von Fahrer und Fahrgast Bedeutung haben, ist dabei entscheidend.
6. Der Blick in die Zukunft – Digitalisierung und Automatisierung
Auch in Zeiten zunehmender Digitalisierung und Automatisierung ist die Person des Berufskraftfahrers vor Ort entscheidend – insbesondere im Taxigewerbe, wo menschlicher Kontakt, Empathie und schnelle Reaktionsfähigkeit nicht automatisierbar sind. Die Diskussion um autonomes Fahren darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Fahrpersonal – nach wie vor – ein Höchstmaß an Verantwortung trägt. Dazu gehört auch, sich selbst als Teil des Sicherheitssystems zu begreifen – vom Sicherheitsgurt bis zum Schuhwerk.
Fazit: Sicherheit beginnt am Boden
Die Wahl des richtigen Schuhwerks ist für Berufskraftfahrer weit mehr als eine Stilfrage – sie ist ein Sicherheitsfaktor mit rechtlichen und praktischen Konsequenzen. Im Taxi- und Mietwagengewerbe, das durch seine besondere Verantwortung, hohe Kundenfrequenz und durch eine enorme Fahrgastvariabiliät geprägt ist (vom Geschäftsmann über die Oma bis hin zum Promi-Fahrgast) sollte die Frage des geeigneten Schuhwerks nicht dem Zufall überlassen werden.
Für unsere Fahrer gilt: Fest umschließendes, stabiles Schuhwerk ist Pflicht – nicht nur im Interesse der eigenen Gesundheit, sondern auch zur Vermeidung juristischer Risiken. Für Unternehmer heißt das: klare Vorgaben, Schulungen und gelebter Arbeitsschutz sind essenziell, um ihren Fuhrpark sicher und gesetzeskonform zu betreiben.
Ein einfacher Schuh kann über Sicherheit, Haftung und sogar Existenzen entscheiden. Grund genug, ihm die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken.
Links in diesem Artikel
Link BG-Verkehr mit Animation: https://vimeo.com/bgverkehr/download/295811854/2d71da4a37
Link ADAC: https://www.adac.de/verkehr/recht/verkehrsvorschriften-deutschland/autofahren-flipflops/
Link Bußgeldkatalog: https://www.bussgeldkatalog.org/schuhe-autofahren/
Quellen und Urteile
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- OLG Bamberg, Beschluss v. 15.05.2006 – 2 Ss OWi 577/06
- Arbeitsgericht Frankfurt a.M., Urteil v. 21.10.2014 – 7 Ca 456/14
- Landessozialgericht Hessen, Urteil v. 13.11.2012 – L 3 U 33/10
- Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), § 1
- Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), §§ 5, 12, 15
- Empfehlungen der BG Verkehr zum Schuhwerk für Fahrzeugführer