Um Missverständnisse gleich auszuschließen: Natürlich wird in Bayern niemand als „Sau-Preiß“ aufgrund seiner Sprache oder Herkunft beschimpft. Vielleicht machen sich die Bewohner der südlichen Landesteile hin und wieder mit einem gewissen Augenzwinkern über Norddeutsche lustig. Aber nicht in diesem Fall!
Am Mittwoch, den 26. Juni 2019, informierte die Hamburger Verkehrsgewerbeaufsicht (BSU) im Rahmen eines Infotages über die neuen Regeln, die für Mietwagenunternehmen erlassen wurden. Hintergrund ist der verstärkte Anstieg von Anträgen auf Konzessionen, vornehmlich aus Berlin, die allem Anschein nach taxiähnlichen Verkehr durchführen wollen. Dirk Ritter, Sachgebietsleiter der BSU, zeigte erneut Rückgrat und stellte sich den etwa 90 Teilnehmern und deren kritischen Fragen. „Wir wollen in Hamburg keinen Kampf gegen Mietwagen führen“, betonte Ritter – allerdings muss die Aufsichtsbehörde überwachen, dass sich jede Verkehrsform an die Spielregeln hält. Nur so kann ein fairer Wettbewerb stattfinden.
Mit dem bereits veröffentlichten Merkblatt „Hinweise für Antragstellungen im Mietwagenverkehr“ (www.hamburg.de/mietwagen/) stellt Hamburg die Befreiung zum Einbau eines Wegstreckenzählers ausnahmslos ein. Der Mietwagenverkehr soll wie das Taxigewerbe mit digitalen Aufzeichnungen überprüfbar werden – inklusive INSIKA-Verfahren. Die Protokollierung und Verschlüsselung über eine von der Bundesdruckerei ausgegebenen TIM-Karte dient der Manipulationssicherheit der Daten.
Der elektronische Wegstreckenzähler muss die gesamte zurückgelegte Wegstrecke aufzeichen (Totalkilometerzähler des Wegstreckenzählers), die für jede einzelne Fahrt zurückgelegte Wegstrecke mit Angaben zu Tag und Uhrzeit (Besetztkilometerzähler des Wegstreckenzählers) und bei Beschäftigung von Fahrpersonal für jede Person den jeweiligen Schichtbeginn und das Schichtende (Schichtanmeldung und Schichtabmeldung am Wegstreckenzähler). Damit werde auch die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie Mindestlohn möglich. Für den Fall, dass Pausen über die gesetzlich vorgeschriebenen Zeiten hinaus (mehr als 30 bzw. 45 Minuten) gemacht und Schichtzeiten dadurch verlängert werden, sind diese elektronisch oder händisch nachvollziehbar und überprüfbar aufzuzeichnen. Die BSU werde im Rahmen von Wiederteilungen von Mietwagengenehmigungen und Betriebsprüfungen ein besonderes Augenmerk auf die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes – so wie dies bereits seit Jahren für das Taxigewerbe passiert – legen.
Ritter stellte nochmals klar, dass auch für den Mietwagenverkehr die Einzelaufzeichnungspflicht aller Geschäftsvorfälle nach der Abgabenordnung (AO) gelte. Die Pflicht zur Aufzeichnung ist nur erfüllt, wenn elektronische Aufzeichnungen zu jeder einzelnen Fahrt mit Angaben zum Fahrpreis gesichert und im Ursprungszustand unverändert gespeichert, aufbewahrt und am Betriebssitz verfügbar gehalten werden. Allerdings räumte er den Mietwagenunternehmern die Möglichkeit ein, in diesem Sinne auch Daten von Fahrtenvermittlern verwenden zu können, sofern die vorgenannten Anforderungen erfüllt sind. Die buchmäßige Erfassung des Auftragseingangs nach § 49 Abs. 4 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) könne ebenso elektronisch erfolgen. Allerdings sei dem Gesetz zu entnehmen, dass in diesen Fällen auch der Rechner am Betriebssitz installiert sein muss, über den die Aufträge abgewickelt und dokumentiert werden. Die Weiterleitung von Kundenanfragen an Angestellte ist weiterhin verboten, sofern diese nicht am Betriebssitz dafür beschäftigt sind. Auch dürfen die im Geschäft angenommenen Beförderungsaufträge nur an das eigene Fahrpersonal weitergegeben werden. Ritter kündigte an, dies zukünftig im Rahmen von Betriebsprüfungen zu kontrollieren.
Zur Gründung eines Verkehrsbetriebes verlangen die Hamburger eine Kalkulation, mit Nachweis der verfügbaren Mittel für die erforderlichen Startinvestitionen und eine Ertrags- und Kostenvorschau. Dies soll aufzeigen, dass im laufenden Betrieb ausreichend Umsätze und Einkünfte zu erwarten sind, um die variablen und fixen Kosten zu decken (vor allem Personal-, Fahrzeug-, Betriebssitz- und Vermittlungskosten) sowie dass ein Angreifen des Eigenkapitals oder sogar eine Überschuldung ausgeschlossen ist. Neben dem obligatorischen Nachweis über ausreichend Stellplätze auf Privatgrund, muss der Mietwagenunternehmer in Hamburg auf Grund der Rückkehrpflicht für das Fahrpersonal ausreichend Pausen- und Hygieneräume zur Verfügung stellen (Arbeitsstättenverordnung). Dies ist mit Vorlage entsprechender Mietverträge nachzuweisen.
Zusammengefasst wird das als „Hamburger Modell“ auf den Mietwagenverkehr ausgeweitet. Das als Vorbild geltende Verfahren konnte schon die Steuer- und Abgabensünder im Hamburger Taxigewerbe deutlich reduzieren. Wer fairen Wettbewerb will, muss sich den gleichen Bedingungen unterwerfen. Aus dem tiefen Süden der Republik rufen wir daher mit lauter Stimme zu: Bravo Hamburg!