Das ÖPNV-Taxi | ersetzen – ergänzen – verdichten

  • Lesedauer:8 min Lesezeit

Rundschreiben Nr. 07/2024

Die Idee des ÖPNV-Taxis, welche die Integration des bestehenden Taxi-Gewerbes in das öffentliche Mobilitätsangebot vorsieht, ist nicht neu, hat aber angesichts klammer öffentlicher Kassen und innovativer Initiativen in verschiedenen Landkreisen Fahrt aufgenommen.

Was genau verbirgt sich eigentlich hinten dem Begriff ÖPNV-Taxi? Das Personenbeförderungsgesetz ordnet das Taxi-Gewerbe in § 8 dem öffentlichen Personennahverkehr zu, wenigstens dann, wenn es den ÖPNV ersetzt, ergänzt oder verdichtet. Im Nahverkehrsplan der Kommunen definiert der Aufgabenträger, also die für das Mobilitätsangebot verantwortliche Gebietskörperschaft, die Anforderungen an den Umfang und die Qualität des Verkehrsangebotes, an dessen Umweltqualität sowie die Vorgaben für die verkehrsmittelübergreifende Integration der Verkehrsangebote. Hier ist der Ansatz für das ÖPNV-Taxi zu sehen.

ÖPNV Taxi
ÖPNV Taxi – Foto: Landesverband Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmen e.V.

Für den klassischen Linienverkehr ist das Taxi-Gewerbe vor Ort der ideale Partner, um das öffentliche Verkehrsangebot zu optimieren und nicht- oder schwerbedienbare Nachfrage flexibel aufzufangen. Die Verkehrsform nach § 47 PBefG ist als Rückfallebene zur Ersetzung, Ergänzung oder Verdichtung des öffentlichen Verkehrsangebotes „sowieso“  schon da. So kann den unterschiedlichsten Nutzergruppen auch in dünn besiedelten Landkreisen eine attraktive Alternative zum Privat-Pkw. angeboten werden.

Ein weiterer Vorteil für die Öffentliche Hand liegt darin, dass hochsubventionierte Mobilitätsangebote fremder Dienstleister, die sich häufig nach einem Subventionszeitraum von beispielsweise 2 Jahren nicht mehr halten können, vermieden werden. Der Leitgedanke ist die Integration des bestehenden Taxi-Gewerbes in das öffentliche Verkehrsangebot. Ein zusätzlich erforderlicher Beförderungsbedarf wird flexibel vom örtlichen Taxi-Gewerbe und dem hier bereits vorhandenen Personal sowie dem Bestandsfuhrpark aufgefangen.

Wie genau funktioniert das ÖPNV-Taxi?

Für das Bediengebiet, dies ist üblicherweise der Landkreis oder auch eine kleinere Stadt, wird eine Mobilitäts-App eingeführt, bei der der Kunde seinen Fahrtwunsch im Sinne von „von-wo-will-ich-wohin-fahren“ anmeldet. Das System prüft diese individuelle Fahrtanfrage und stellt fest, ob für den Kunden eine zumutbare öffentliche Verkehrsverbindung vorhanden ist. Diese „Zumutbarkeit“ der Öffis kann über einen individuell zu definierenden Widerstandswert festgelegt werden, der beispielsweise zu dem Ergebnis kommt, dass die angefragte Beförderungsstrecke 1 Stunde dauert. Dies würde als tolerierbar gelten und bedeutet, dass der Fahrgast auf das öffentlichen Verkehrsangebot verwiesen wird.

Falls die On-Demand-App für die gewünschte Fahrstrecke aber eine unzumutbare, für den Fahrgast nicht mehr annehmbare Verkehrsverbindung feststellt (vorliegend z.B. 1,5 Stunden oder länger), wird dem Kunden das ÖPNV-Taxi vorgeschlagen. Je nach Ausgestaltung des ÖPNV-Taxis sind nun unterschiedliche Bedienformen durch den Taxi-Verkehr zu unterschiedlichen Preisen möglich.

  • Anschlussfahrten zum nächsten öffentlichen Verkehrsangebot (bis beispielsweise das Zumutbarkeitskriterium wieder erfüllt ist)
  • ÖPNV-Taxifahrt bis zur gewünschten Zielhaltestelle
  • ÖPNV-Fahrt bis zum Fahrziel des Kunden (door-to-door-Bedienung)

Die Taxi-Dienstleistung wird üblicherweise mit dem Taxameterfahrpreis vergütet, wobei minimale Abschläge auf Basis der gültigen Taxi-Tarifordnung erforderlich sind. Dies ist beihilfenrechtlich nicht anders möglich. Der  jeweilige Nahverkehrsplan lässt eine große Variation von unterschiedlichen Ausgestaltungen des ÖPNV-Taxis zu, beispielsweise:

  • Zeitliche Befristung (z.B. zu bestimmten Tageszeiten oder an bestimmten Wochentagen)
  • Unterschiedliche Zusammensetzung des Fahrpreises (normaler Fahrschein, Berechnung nach Zonenzuschlägen, Zahlung eines Komfortzuschlags, Zahlung eines Zuschlags für die door-to-door-Bedienung usw.)
  • Pooling: Zusammenfassung von mehreren Fahrgästen bei etwa gleicher Fahrstecke und Uhrzeit (Voraussetzung: Pooling-Einverständnis der Fahrgäste)
  • Fahrpreisrabatte für Schüler, Rentner, mobilitätseingeschränkte Fahrgäste usw.
  • u.a.

Der Landesverband Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmen e.V. hat mit der renommierten Bremer Rechtsanwaltskanzlei BBG, einen starken Partner in Sachen ÖPNV-Taxi an seiner Seite. BBG ist eine hochspezialisierte, bundesweit und international tätige Rechtsanwaltskanzlei. Sie wurde im Jahr 1996 gegründet und ist auf die Rechtsberatung in den Sektoren Mobilität, Umwelt- und Planungsrecht sowie öffentliche Aufträge spezialisiert. Zum Mandantenstamm zählen Bundesministerien, Bundesländer, Landkreise, Kommunen und deren Zusammenschlüsse sowie kommunale und private Unternehmen vor allem im Verkehrs- und Energiebereich. BBG hat bundesweit an der Umsetzung einer Reihe von ÖPNV-Taxi-Projekten teilgenommen.

Einen Handlungsleitfaden in Sachen ÖPNV-Taxi, der im Wesentlichen von BBG erarbeitet wurde, kann Ihnen der Landesverband Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmen e.V. hier zur Verfügung stellen. Wir empfehlen Ihnen, insbesondere den Taxi-Betrieben in den Landkreisen, sich mit der Thematik zu beschäftigen und in Erwägung zu ziehen, das On-Demand-Projekt an die örtliche Politik heranzutragen.

Die Erfahrungen aus anderen Landkreisen (z.B. der Landkreis Freudenstadt in Baden-Württemberg) sind durchwegs positiv und für das Taxi-Gewerbe vor Ort ökonomisch interessant. Bitte sprechen Sie uns an, wenn Sie die Unterstützung des Landesverbandes Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmen e.V. in Bezug auf das ÖPNV-Taxi benötigen. Wir sind Ihnen gerne behilflich.

Nota bene

On-Demand-Verkehre unterstützen den flächendeckenden (und nachhaltigen) Ausbau des ÖPNV, sie schließen Bedienlücken, wenn der örtliche Linienverkehr wirtschaftlich nicht sinnvoll ist oder durch den Aufgabenträger nicht finanziert werden kann.

Das bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr hat unter dem Motto „Wir bewegen Bayern“ ein Handbuch zur Planung flexibler Bedienformen im ÖPNV herausgegeben (wir hatten Sie bereits im Rundschreiben Nr. 03/2024 darauf aufmerksam gemacht).

Das sehr umfangreiche Handbuch (179 Seiten) steht hier kostenfrei zum Download zur Verfügung. Es trägt den Untertitel „Ein Beitrag zur Sicherung der Daseinsvorsorge in nachfrageschwachen Räumen“.

Unter www.wir-bewegen.bayern.de finden Sie weitere Informationen zum Thema On-Demand-Verkehr, insbesondere auch hinsichtlich etwaiger Förderungen.

Links in diesem Beitrag

Handbuch „Planung flexibler Bedienformen“: www.taxi-bayern.de/download/Handbuch_flexible_Bedienformen.pdf
Merkblatt des Landesverbands zur Einführung des ÖPNV-Taxi: www.taxi-bayern.de/download/Merkblatt_BBG.pdf
Weitere Informationen: www.wir-bewegen.bayern.de


Bitte teilen Sie diesen Beitrag


Verpassen Sie keine News! Klicken Sie hier, um sich beim Newsletter des Landesverbands anzumelden.