Ende Juli hat die Stadt München grünes Licht für Festpreise bei Taxifahrten gegeben, die bereits ab 1.9.23 vereinbart werden können. Doch ganz so frei, wie das an manchen Halteplätzen bereits erzählt wird, soll es nicht ablaufen. Die Festpreis-Option wurde von der Stadt genau definiert.
Münchens Taxitarif ist seit jeher in der Taxitarifordnung (TTO) festgelegt. In ihr sind der Geltungsbereich und die Tarifzonen definiert. Zudem ist genauestens geregelt, aus welchen Tarifkomponenten sich das Fahrtentgelt berechnet und wie dieses in einem entsprechend programmierten Taxameter anzuzeigen ist. Die aktuell gültige Version der Münchner Taxitarifordnung (Stand vom 18.5.2023) kann über diesen Link abgerufen werden.
Ab 1. September 2023 wird die TTO um einen „§ 2a Tarifkorridor“ erweitert. Juristisch wurde dafür eine „Verordnung zur Änderung der Verordnung der Landeshauptstadt München über Beförderungsentgelte und Beförderungsbedingungen für den Verkehr mit Taxen (Taxitarifordnung)“ beschlossen.
Dieser § 2a regelt unter anderem, von wem und in welcher Form bei welcher Art von Fahrten künftig Festpreise angeboten werden dürfen. Zudem wird definiert, wie solche Festpreisfahrten dokumentiert werden müssen. Taxi Times fasst nachfolgend die wichtigsten Punkte zusammen. Die Verordnung zum neuen §2a TTO ist über diesen Link nachzulesen.
Zwingende Voraussetzung für eine Taxifahrt zum Festpreis ist eine „vorherige Bestellung“. Der Fahrgast muss bei dieser Bestellung neben der Abholadresse auch eine Zieladresse angeben. „Die vorherige Bestellung kann insbesondere telefonisch oder per Smartphoneanwendung (App) erfolgen“, heißt es in der neuen TTO.
Das bedeutet im Umkehrschluss: Fahrgäste, die am Halteplatz in ein wartendes Taxi einsteigen oder eines heranwinken, können keinen Festpreis mit dem Taxifahrer vereinbaren. Solche Fahrten werden wie bisher auch mit laufendem Taxameter durchgeführt.
Wird ein Festpreis vereinbart, muss sich auch dieser am gültigen Münchner Taxitarif orientieren. Er darf höchstens 20 Prozent nach oben und 5 Prozent nach unten abweichen. Diese Spanne wird als Tarifkorridor bezeichnet. Zur Berechnung des Fahrpreises wird die Länge der vom Kunden angegebenen Fahrtstrecke mithilfe eines Routenplaners ermittelt und mit 2,30 Euro pro Kilometer zuzüglich 5,50 Euro Grundpreis berechnet. Bei Fahrten in einem Großraumtaxi oder im Falle einer Fahrradmitnahme werden die dafür vorgesehenen Zuschläge aufaddiert, sie müssen allerdings gesondert ausgewiesen werden. Die Anfahrt zum Kunden wird nicht berechnet.
Ebenso wird auch die Wartezeit nicht in den Preis einbezogen. Die Medien wie auch die Stadt heben dies als besonderen Vorteil der neuen Festpreise hervor, da der Kunde dadurch bei Fahrten mit größeren Staus nicht mehr bezahlen muss. Erfahrungswerte der Münchner Taxizentralen belegen, dass eine Festpreisfahrt zur Rush-Hour in etwa 10 Prozent oberhalb des Tarifs angesetzt werden sollten, um den Wegfall der Wartezeit-Komponenten zu kompensieren.
Für Fälle, in denen der Fahrgast für eine Unterbrechung der Fahrt sorgt, gilt folgende Regelung: „Wird eine Fahrt zum Festpreis […] auf Wunsch des Fahrgastes vor Erreichen des vereinbarten Zielorts für länger als 5 Minuten unterbrochen, ist für die bisher zurückgelegte Strecke der vereinbarte Festpreis zu zahlen und die Fahrt beendet. Der Fahrtabbruch ist schriftlich oder elektronisch zu dokumentieren.“ An diese Regelung sollten sich die Fahrer auch bei Vorbestellungen halten, bei denen der Fahrgast nicht pünktlich erscheint.
Bereits seit 2022 gibt es für Fahrten von und in eine der drei Zonen Hauptbahnhof, Messegelände und Flughafen-Areal genau definierte Festpreise. Sie sind im § 2, Absatz 3 der Münchner TTO geregelt und müssen bei jeder Fahrt von einer der drei Zonen in eine andere der drei Zonen angewendet werden. Hier darf kein Korridor-Festpreis vereinbart werden. Dagegen wird es ab 1. September keinen Reichweitentarif mehr geben. Er hatte bisher die Möglichkeit offengelassen, bei Strecken bis zu einer definierten Anzahl an Kilometern eine fixe Summe anstelle des Taxameters zu berechnen.
Wichtig für die künftigen Korridor-Festpreise ist die eindeutig definierte schriftliche Dokumentationspflicht. „Dem Kunden ist vor der Fahrt eine Bestätigung des vereinbarten Fahrpreises […] mit Angabe von Datum und Uhrzeit der Vereinbarung auszustellen“, schreibt die neue TTO vor. „Es sind insbesondere die Kundendaten, der Zeitpunkt der Vereinbarung, die enthaltenen Zuschläge sowie das vereinbarte Fahrtentgelt aufzuzeichnen. Änderungen, die sich nach Abschluss der Vereinbarung ergeben, sind ebenfalls zu erfassen.“
Die Stadt München hat angekündigt, auf Basis dieser Dokumentationen genau zu überprüfen, ob sich die Festpreise der Münchner Taxiunternehmer innerhalb des Korridors bewegen. Deshalb werden es hauptsächlich die Münchner Taxizentralen sein, die bei vereinbarten Festpreisen den Unternehmern eine nachvollziehbare Dokumentation liefern können. Beide Taxizentralen (IsarFunk und Taxi München eG) haben angekündigt, dass sie ihren angeschlossenen Unternehmern zu jeder vermittelten Festfahrt die vorgeschriebene Dokumentation zur Verfügung stellen.
Ebenso erarbeiten die Münchner Taxizentralen derzeit in enger Abstimmung mit den Taxameterherstellern und den Funkwerkstätten eine Hilfestellung, wie der Taxameter programmiert werden muss, damit ab 1. September Festpreisfahrten eingegeben werden können. Parallel dazu werden die beiden Apps von Taxi Deutschland und taxi.eu entsprechend vorbereitet, so dass Kunden auch dort Festpreise buchen können. Last but not least werden den Fahrern Anleitungen zur Verfügung gestellt, wie der Festpreis als Pauschalpreis in den Taxameter vor Fahrtbeginn einzugeben ist.
All dies geschieht in der engen Zeitspanne zwischen dem 26. Juli (dem Tag der Stadtratsentscheidung) und dem 1. September 2023 (dem Tag, an dem die Änderung der TTO in Kraft tritt). Für die Münchner Taxizentralen und Taxiunternehmer ist das ein echter Kraftakt mitten in der Ferienzeit. Wenn er gelingt, können sich Taxifahrgäste in München rechtzeitig zum Start der Messe IAA und des Münchner Oktoberfestes auf mehr Preissicherheit freuen – und Münchens Taxifahrer auf mehr Wettbewerbsgleichheit mit den Plattformanbietern.
JÜRGEN HARTMANN