Newsletter Nr. 10/2024
Das Verwaltungsgericht Leipzig hatte sich am Freitag, den 15. November 2024 mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Stadt Leipzig berechtigt ist, eine Verwaltungsrichtlinie zu erlassen, die zum Schutz der „Öffentlichen Verkehrsinteressen“ ein Mindestbeförderungsentgelt für den Mietwagenverkehr vorsieht.
Die öffentlichen Verkehrsinteressen sind ein auslegungsbedürftiger Rechtsbegriff, der schwierig zu interpretieren ist und der von den unterschiedlichen Interessensgruppierungen auch unterschiedlich ausgelegt wird.
Die Möglichkeit, einen solchen Mindestfahrpreis für die Verkehrsform nach § 49 PBefG vorzuschreiben, wurde den Kommunen durch die Novelle des PBefG im Jahre 2021 ausdrücklich zugewiesen. Hintergrund ist die lobenswerte Absicht, ein sogenanntes Level-Playing-Field am Beförderungsmarkt herzustellen, welches für die Mobilitätsanbieter Taxi und Mietwagen gleiche Wettbewerbsbedingungen vorsieht. Die Stadt Leipzig hatte die Möglichkeit der Festschreibung von Mindestfahrentgelten über eine Verwaltungsrichtlinie gewählt.
Andere Kommunen beschreiten diesen Weg über eine Allgemeinverfügung.
Eine Allgemeinverfügung ist ein öffentlich-rechtlicher Verwaltungsakt, den die Aufsichts- und Genehmigungsbehörde trifft und der eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen für eine unbestimmte Anzahl von Adressaten entfaltet. Formal gesehen ist die Allgemeinverfügung das Bindeglied zwischen einem individuellen Verwaltungsakt und einem abstrakten, also generell gültigen Gesetz. Ein Beispiel für eine typische Allgemeinverfügung ist die Erlaubnis einer Behörde für einen verkaufsoffenen Sonntag. Diese ist allgemein gültig und kann von Jedermann genutzt werden.
Zurück zur Verwaltungsrichtlinie in Sachen Mindestfahrentgelten nach § 51 a PBefG: in der mündlichen Verhandlung hat das Verwaltungsgericht Leipzig zu erkennen gegeben,
- dass die Stadt Leipzig grundsätzlich befugt ist, Beförderungsentgelte für die Verkehrsform Mietwagen – auch präventiv – festzulegen und dass
- die Höhe der Fahrpreise nicht über den Taxi-Tarifen der Stadt Leipzig liegen darf.
Die Klägerin war eine Firma namens Perleberger Chauffeur Service GmbH, die nach Kenntnis des Landesverbandes Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmen e.V. für die App-Vermittlung Uber arbeitet und als Unternehmensgegenstand angibt: Betrieb von Taxen und Mietwagen und die damit mittelbar und unmittelbar zusammenhängenden Geschäfte aller Art sowie Veranstaltung von Unternehmerlehrgängen, P-Schein-Schulungen und Stadtführerlehrgänge.
Unter der Voraussetzung, dass das Urteil im Sinne der mündlichen Voreinschätzung erfolgt, ist unsere erste Einschätzung und Bewertung:
Soweit die Klägerin das Urteil anfechten möchte, stehen ihr zwei Rechtsmittel offen: Zum einen die Berufung zum OVG in Bautzen und im Weiteren die „Sprung“-Revision zum BVerwG in Leipzig. Solange die Frist zur Einlegung der Rechtsmittel noch nicht abgelaufen ist, ist das Urteil des VG Leipzig nicht rechtskräftig. Begründung: Das Rechtsmittel könnte im zweiten Rechtszug zur Aufhebung des Urteils des VG führen. Die Frist zur Einlegung beträgt grundsätzlich einen Monat nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses.
Im Einzelnen
- Die Berufung ist grundsätzlich möglich, aber nach unserer Einschätzung unwahrscheinlich. Sie müsste vom VG Leipzig zugelassen werden. In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht bereits angedeutet, dies nicht zu tun. Gegen diese Nichtzulassung könnte die Klägerin dann gesondert vorgehen. Unabhängig von der Zulassung der Berufung, müsste die Klägerin das Verfahren aber „verloren“ haben, um Berufung einlegen zu können. Ihrer Klage wird jedoch stattgegeben, weil das Mindestentgelt der Verwaltungsrichtlinie der Stadt Leipzig zu hoch bemessen (weil über dem dortigen Taxi-Tarif liegend). Insoweit ist die Klägerin im Verfahren nicht unterlegen und eine Berufung kann daher nicht eingelegt werden.
- Auch eine Revision halten wir für unwahrscheinlich. Diese müsste sowohl vom VG sowie – im Gegensatz zur Berufung – auch von der Beklagten (Stadt Leipzig) zugelassen werden. Darüber hinaus bedürfte es auch hier eines „verlorenen“ Teils, der bei der Klägerin ja gerade fehlt.
Anzumerken ist noch, dass das Gericht zu erkennen gegeben hat, dass das Urteil die spezifische Situation der sächsischen Metropole abbildet und nicht eins-zu-eins auf andere deutsche Städte übertragen werden kann. Man wird sehen, wie groß die Strahlkraft des Urteils auf andere Metropolen sein wird. Immerhin ist Leipzig die achtgrößte Stadt der Bundesrepublik.
Das Urteil ist zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses des vorliegenden Newsletters noch nicht schriftlich veröffentlicht. Unsere Anfrage bei der sächsischen Justizverwaltung hat ergeben, dass diese auf den üblichen Plattformen (Juris usw.) erfolgen wird. Auf jeden Fall ist die Leipziger Verwaltungsgerichtsentscheidung als richtungsweisend anzusehen.
Wir werden bei Gelegenheit wieder berichten.
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