Die Aufarbeitung des Bestechungsskandals bei der IHK Nürnberg ist nicht sehr weit gediehen. In 208 Fällen wurde die Prüfung zum Taxi- und Mietwagenunternehmer erkauft. Bis zu 6.500 Euro sollen für eine der bundesweit gültigen Bestätigungen bezahlt worden sein.
Die Wut im Taxi-Gewerbe wächst: „Wir haben den Eindruck, die ganze Sache soll unter den Teppich gekehrt werden“, so Leszek Nadolski, Vorsitzender der Berliner Taxi-Innung. Die Betrüger stammten überwiegend aus der Bundeshauptstadt, die ihren Wohnsitz kurzfristig in Nürnberg angemeldet hatten. „Die Abwanderung der Lizenz-Bewerber hätte hier allen auffallen müssen. Und der Anstieg von erfolgreichen Prüfungsergebnissen auf 99 Prozent kann auch in Nürnberg nicht unbemerkt geblieben sein“, so Nadolski. Tatsächlich liegt die Durchfallquote in Bayern bei rund 60 Prozent.
„Ich bin mit der bisherigen Vorgehensweise absolut unzufrieden“, stößt Wolfgang Ziegler ins gleiche Horn. Der Vorstand der Nürnberger Taxigenossenschaft hat den Ermittlungsbehörden zahlreiche Informationen und Hinweise zukommen lassen: „Bisher ist aber noch nichts Konkretes passiert.“ Die Nürnberger Staatsanwaltschaft leitet das Verfahren gegen den hauptbeschuldigten IHK-Prüfer sowie seinen Kollegen wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit und Falschbeurkundungen. „Wir ermitteln insgesamt gegen mehr als 200 Beschuldigte“ teilt die Sprecherin mit. „Und wenn die Ermittlungsergebnisse gerichtsfest sein sollen, dann dauere das eben seine Zeit.“
Für den Entzug einer unrechtmäßig erworbenen Taxi-Lizenz sind die Ordnungsbehörden der jeweiligen Stadt oder des Landratsamtes zuständig. Voraussetzung dafür ist wiederum die Aberkennung der Fachprüfungsbescheinigung durch die ausstellende IHK. Und die muss den Beschuldigten zuvor anhören. „Bisher ist an 47 der 208 betroffenen Taxiunternehmer ein Anhörungsschreiben ergangen“, teilte ein IHK-Sprecher am 7. Juni 2019 mit. Der Rest soll noch in diesem Monat erfolgen. Zur Erinnerung: Der Skandal flog Anfang Dezember 2018 auf – vor gut 7 Monaten. Kurz darauf erklärte die IHK gegenüber dem Bayerischen Rundfunk, dass jene, die nachweislich bestochen haben, die Prüfungsbestätigung entzogen werde.
„Ich erwarte eine zügige und lückenlose Aufklärung der Fälle, nicht eine Verzögerungstaktik“ poltert Frank Kuhle, Vorsitzender des Bayerischen Landesverbandes der Taxi- und Mietwagenunternehmen. „Jeder Tag, an dem die Betrüger den ordentlichen Verkehrsuunternehmen das Geld klauen können, mindert das Vertrauen in den Rechtsstaat und schadet dem Ansehen der IHK“, so Kuhle, selber Mitglied der Vollversammlung bei der IHK für München und Oberbayern. Drei Taxi-Unternehmer haben laut Angaben der IHK Nürnberg ihre Prüfungsbescheinigung inzwischen kommentarlos zurückgegeben. Andere haben die Angelegenheit einem Anwalt übergeben.
Laut Nadolski wurden viele der Betrüger in Berlin als Geschäftsführer einer Taxi-GmbH eingesetzt. Zwei-Jahres-Betriebe, die meist nach 18 bis 24 Monaten über das osteuropäische Ausland weiterverkauft werden. Vielleicht soll das Problem auch nur ausgesessen werden. „Hier haben zwei oder drei Hintermänner über 1.000 Fahrzeuge laufen. Und die Behörden reagieren nicht. Das ist pure Verschleierungstaktik!“ Der Innungs-Vertreter unterstützte daher auch die Taxi-Demo am 6. Juni 2019 in Berlin, die sich diesmal nicht direkt gegen die Pläne aus dem Bundesverkehrsministerium richtete. Im Fokus stand die Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. Der Vorwurf: Die Verkehrssenatorin soll endlich ihren Job machen und das rechtswidrige Treiben stoppen.