Die steuerliche Prüfung von Taxi‑ und Mietwagenunternehmen stellt aufgrund der typischerweise hohen Bargeldumsätze, der erfahrungsgemäß mangelhaften elektronischen und manuellen Aufzeichnungen und bestimmten branchenspezifischen Besonderheiten einen Schwerpunkt der Finanzverwaltung dar.
Das Taxi- und Mietwagengewerbe wird insoweit den steuerlichen Risikobranchen zugeordnet. Andere derartige Branchen sind z.B. Tankstelle, Eisdiele oder auch BMW, also Bäcker, Metzger und Wirte.
Die Abgabenordnung (AO) regelt in § 193 AO die Durchführung von Außenprüfungen bei Steuerpflichtigen. Im Folgenden wird der Ablauf einer solchen Prüfung vorgestellt, zentrale Risikobereiche und mögliche Probleme skizziert sowie eine praxisorientierte Checkliste zur Vorbereitung erstellt. Drei einschlägige Urteile mit typischen Streitpunkten zum Thema Taxi-Betriebsprüfung runden das „Wissen kompakt“ ab.

Rechtliche Grundlage und Prüfungsanlass
§ 193 AO (sogenannte Außenprüfung) ermächtigt das Finanzamt, die Besteuerungsgrundlagen beim Steuerpflichtigen vor Ort zu ermitteln (§ 193 Abs. 1 AO). Der Prüfungsanlass, also die Frage, warum ein bestimmtes Unternehmen für eine Steuerprüfung ausgewählt wurde, kann aus ganz unterschiedlichen Gründen erfolgen:
- Zufalls‑ oder Risikoselektion durch datenbasierte Risikofelder (z. B. auffällige Umsatz‑Gewinn‑Relation)
- Verdacht auf unvollständige Aufzeichnung von Bargeld‑Einnahmen
- Verstoß gegen steuerliche Mitwirkungspflichten
- Zufallsbasierende Stichprobe
- Flächendeckende Branchenbetriebsprüfung
- Anzeige oder Hinweisgeber
- Betriebsvergleich (Branchen‑Benchmarks)
- Anlassbezogene Prüfungen (z. B. Nachschau, Kurzprüfung)
- und andere
Ablauf einer Außenprüfung nach § 193 AO
Phase | Inhalte und Zwecke |
1. Prüfungsankündigung | Schriftliche Terminankündigung und geplanter Prüfungsrahmen (meist drei abgeschlossene Geschäftsjahre) | Was wird angefordert: Material- und Unterlagenliste |
2. Eröffnungsbesprechung | Vorstellung des Prüfers | Klärung Prüfungsörtlichkeit | Klärung des Prüfungsumfangs | Zugang zu Betriebsräumlichkeiten | Erklärung des Betriebsablaufes | Unternehmensspezifika: Software, Systematik und Logik der Buchhaltung und Kassenführung etc. |
3. Datensichtung und –analyse | Auslesung der Taxameter | Sichtung der Unterlagen: Geschäftsbücher, Kassenberichte, Schichtzettel, Fahrtenbüchern usw. | erste Plausibilitätsprüfungen |
4. Detailprüfung | Kassenprüfung | Belegprüfung | Befragung des Personals | Vergleich Soll‑Ist | andere Verprobungen | Einsatz von Prüfungssoftware und – tools |
5. Zwischenergebnis | Vorläufige Feststellungen | Klärung offene Fragen | steuerliche Hinzuschätzungen |
6. Schlussbesprechung | Erläuterung des Prüfungsberichts | Beanstandungen | Änderungsbescheide | Rechtsbehelfsbelehrung |
7. Nacharbeit | Frist für Einwendungen | Festsetzung von Steuernachforderungen | Rechtsweg |
Hinweis: Die relevanten Aufzeichnungsverpflichtungen ergeben sich – neben der AO und den GoBD – insbesondere aus der sogenannten „3. Kassenrichtlinie“, dem BMF-Schreiben vom 11.03.2024. In diesem Kontext sind Aufzeichnungspflichtverstöße bei Taxi- und Mietwagenunternehmen häufig anzutreffen.
Unter „Verprobung“ im Sinne der steuerlichen Betriebsprüfung wird im Allgemeinen die Überprüfung der Buchhaltung des Steuerpflichtigen mit Hilfe geeigneter Rechen- und Denkschemata verstanden.
Schwerpunktbereiche und typische Prüfungsprobleme
Kassenführung und Schichtzettel
- Vollständigkeit und Plausibilität der handschriftlichen Aufzeichnungen und der elektronischen Daten
- Elektronische Kassensysteme: Manipulationsschutz (GoBD‑Konformität), Primanota, TSE usw.
- Häufige Mängel: die Dokumente sind formal mangelhaft, fehlender Vollständigkeitsnachweis, Lücken in den Aufzeichnungen, nachträgliche Korrekturen von Belegen usw.
- Verstöße gegen die Aufbewahrungspflichten und -dauer der steuerlichen Unterlagen
Fahrpreisanzeiger
- Plausibilität von Kilometerständen und Fahrtzeiten. Km-Zeit-Stempel finden sich auf einer Vielzahl von Belegen, z.B. Reparaturrechnungen, Sachverständigengutachten, Kaufverträgen, Eichprotokollen usw.
- Übereinstimmung (Verprobung) der elektronisch ausgelesenen Taxameterwerte mit Fahrtenbuch, Kassen- und Kontoführung sowie die darauf folgenden Abrechnungen im Bereich Lohn & Gehalt
- Verstöße gegen die zwingende elektronische Auslesbarkeit (die Daten eines Taxameters sind maschinell auslesbar zur Verfügung zu stellen)
Bargeld‑Umsätze
- Hoher Baranteil begünstigt Untererfassung der Fahrpreiserlöse
- Einsatz statistischer Prüfverfahren (Chi‑Quadrat‑Test, Benford’s Law)
- Energieverprobung: entspricht die Anzahl der getankten Liter den zurückgelegten Kilometern der eingesetzten Fahrzeuge, den durchschnittlichen Verbrauchswerten dieser Kfz. und dem jeweiligen Fassungsvermögen des Fahrzeugtanks?
Lohn- und Gehaltsabrechnung
- Regelungen im Arbeitsvertrag, betriebliche Übung (je nach Betriebsüblichkeit: 50 %-Umsatz‑Modelle, Festlohn), Parallelprüfungen (z.B. Rentenversicherungsprüfung, Kurzarbeitergeld usw.)
- Fahrerabrechnungen und Lohn (Zuschläge, Phantomlohn usw.)
Umsatzsteuer‑Sonderfragen
- Korrekte Zuordnung der USt zu den jeweiligen Umsätzen (7 bzw. 19% USt)
- Einordnung von Krankentransporten nach Mietwagenunternehmen (BFH XI R 39/10) – allerdings nicht Kern einer Betriebsprüfung
NWB Datenbank
Strafrechtliche Aspekte
- Steuerfahndungsprüfung bei Verdacht auf Steuerhinterziehung (§ 370 AO)
- Verfahren kann parallel zur Außenprüfung laufen (z. B. FG Köln 3 V 1100/13: Steuerfahndung prüfte Vernichtung von Schichtzetteln)
NRW-Justiz
Tools und Methoden der Finanzverwaltung
Elektronische Datenanalyse/Prüfsoftware
- IDEA, ACL: Auswertung großer Buchungsdatensätze
- Datev‑Export und –Import zur Analyse
Statistische Verfahren
- Chi‑Quadrat‑Test: Prüfung der Häufigkeit von Zahlen, relevant z.B. bei ausgedachten Umsätzen
- Benford’s Law: Prüfung auf Verteilung natürlicher Zahlen
Vergleichswerte (Benchmarking)
- Branchendurchschnitte (Umsatz pro Fahrzeug, Kilometerleistung, Besetzt-Quote)
- Richtsätze, regionale Vergleichswerte (Erfahrung der Steuerverwaltung durch Prüfung von Vergleichsbetrieben), usw.
Taxameter‑Auslesung
- Auslesen digitaler Taxameterdaten (z. B. via Bluetooth Schnittstelle, über die Betriebssoftware, zukünftig: durch die TSE)
- Abgleich mit Fahrtenbüchern, Schichtzetteln, Kassenprotokollen, Bankbewegungen usw.
Vor-Ort‑Begehung
- Kontrolle der Fahrzeughardware, Betriebssoftware, Taxametersiegeln, Quittungsdrucker und dergleichen
- Büroorganisation: Einsicht in Dienst- und Einsatzpläne, (= Schichtplan), EDV, Anschluss an Funkzentrale, Ablagewesen usw.
Typische Probleme und Risikofelder
Fehlende Originalunterlagen
- Vernichtung von Schichtzetteln führt zur qualifizierten Schätzung (§ 162 AO)
- Mangelhaftes Belegwesen, z.B. Fehlen von Quittungsdoppeln, anderen Belegen („keine Buchung ohne Beleg“)
- Einsatz unzulässiger oder nicht GoBD-konformer Software (z.B. Führung des Kassenbuches mit Excel, Nutzung von Zapper-Software)
Unklare Entgeltregelungen
- Unmöglichkeit der Umsatzsteuerzuordnung bei unsauberen „Mischumsätze“
- Umsatzkumulierung (Verstöße gegen die Einzelaufzeichnungspflicht, mangelhafte Erfassung des Geschäftsvorfalls § 145 AO)
Dateninkonsistenz
- Unaufklärbare Abweichungen zwischen Taxameterwerten und der Lohn und Finanzbuchhaltung (häufiges Paralleldelikt Schwarzlöhne)
Schätzungsspielraum
- Finanzamt schätzt nach Ermessen (§ 162 AO). Der Taxi- und Mietwagenunternehmer muss die steuerliche Plausibilität nachweisen (eine Art von Beweisumkehr).
Strafrechtliche Folgeprüfungen
- Bei Verdacht auf Steuerhinterziehung: Übergang zur Steuerfahndung
- Bei Verdacht auf Schwarzlöhne: Anzeigepflicht bei Finanzkontrolle Schwarzarbeit (= Zoll)
Checkliste: Vorbereitung auf die Steuerprüfung
Unterlagenvollständigkeit sicherstellen
- Kassenbuch, Fahrtenbücher, Schichtzettel (handschriftlich und digital)
- Steuererklärungen der letzten fünf Jahre, USt‑Voranmeldungen
- Unterlagen von Parallelprüfungen (z.B. Betriebsprüfung der Rentenversicherung)
Digitale Systeme prüfen
- GoBD-konforme Kassensoftware (Fiskaly, BonKontor)
- Unveränderbare Log‑Files und Datensicherung

Interne Revision durchführen
- Stichprobenartige Plausibilitätsprüfung der betrieblichen Aufzeichnungen
- Korrektur offener Unstimmigkeiten
- Vollständigkeitsnachweis der Buchhaltung sicherstellen
- Beweisvorsorge (= über die Steuergesetzgebung hinausgehende Plausibilisierung)
Mitarbeiter briefen
- Erklärungs- und Mitwirkungspflichten bei Befragung durch die Betriebsprüfung
- Umgang mit Prüfungsanfragen (Eröffnungs- und Nachfolgebesprechung)
Software‑Zugänge vorbereiten
- DATEV‑Zugang, Taxi‑Management‑System oder andere Betriebssoftware, Taxameter-Auslesung
- Bereitstellung von Exportfunktionen
- Bereitstellung der Unterlagen (digital) auf Speichermedien
Externe Beratung
- Steuerberater vorab informieren, Mandantenvollmacht bereitstellen
- Ggf. Fachanwalt einschalten (Taxi-Recht)
Drei relevante Urteile zur Steuerprüfung bei Taxi‑/Mietwagenunternehmen
Gericht | Aktenzeichen | Kurzinhalt | Quelle |
FG Düsseldorf | 14 V 1214/08 A | Durchführung eines Chi‑Quadrat‑Tests auf Ziffernverteilung bei Kassenaufzeichnungen. Werte > 30 weisen auf Manipulation hin. | NRW-Justiz |
Finanzgericht Köln | 3 V 1100/13 | Steuerfahndungsprüfung stellte fehlende Schichtzettel fest. Handschriftliche Aufzeichnungen wurden nicht vorgelegt. Folge: Hinzuschätzungen. | NRW-Justiz |
FG Hamburg | 2 K 281/14 | Beweisvereitelung handschriftlicher Aufzeichnungen der Fahrer. Gericht billigte Schätzung anhand Durchschnittsgrößen. | streifler.de |
Fazit
Eine gründliche Vorbereitung mit vollständiger Dokumentation, interner Prüfung und die zwingende Bereitstellung digitaler Daten minimiert die Steuerprüfungsrisiken. Wesentliche Schwachstellen (als „formale Mängel“ bezeichnet) sind häufig bei manuellen Aufzeichnungen, im Belegwesen und bei der Kassenführung anzutreffen. Die Finanzverwaltung nutzt moderne Datenanalyse‑ und statistische Verfahren, um Manipulationen der Lohn- und Finanzbuchhaltung aufzudecken. Eine lückenlose, transparente und steuer-konforme Buchführung ist daher unerlässlich.
Der Landesverband Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmen e.V. ist zur Steuerberatung nicht befugt und führte eine solche auch nicht durch. Bitte wenden Sie sich im Falle einer Außenprüfung nach § 193 AO an Ihre steuerliche Vertretung.
Links & Dokumente in diesem Artikel
- BMF-Schreiben „Kassenrichtlinie“ (PDF)
- Zapper-Software (Wikipedia)
- TSE (Technische Sicherheitseinrichtung) – alles Wissenswerte
- Weitere Informationen:
- Forum elektronische Steuerprüfung https://elektronische-steuerpruefung.de/
- Merkblatt der IHM München „Digitale Steuerprüfung“ (PDF Download)
- Ablauf einer Außenprüfung (Finanzamt NRW)
- Überblick Betriebsprüfung https://www.steuerschroeder.de/Betriebspruefung.html