Eine Ordnungswidrigkeit der ganz anderen Art

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Rundschreiben Nr. 06/2024

Aus dem Mitgliederbereich wurde uns von einer skurrilen Polizeikontrolle berichtet. Ein Taxi aus dem nordwestlichen Bereich von Bayern wurde einer sogenannten „allgemeinen Verkehrskontrolle“ unterzogen. Die Polizei Aschaffenburg war der Meinung, dass die Ordnungsnummer des Taxis nicht ausreichend lesbar ist. In der BOKraft heißt es unter § 27 Abs. 1, dass „bei  Taxen […] an der rechten unteren Ecke der Heckscheibe ein nach außen und innen wirkendes Schild nach Anlage 3 mit der Ordnungsnummer, die die Genehmigungsbehörde erteilt hat, anzubringen [ist]“.

Die Ordnungsnummer war im vorliegenden Fall tatsächlich – von der Rücksitzbank aus betrachtet – nicht ausreichend lesbar, „wirkte“ also nicht nach innen. Die Ordnungswidrigkeit war insoweit tatsächlich gegeben, die spannende Frage ist, wie die Polizei mit diesem eher marginalen Mangel umgeht. Sinnhaft ist in solchen Fällen eine sogenannte „Mängelanzeige“, ggf. verbunden mit einer mündlichen Ermahnung. Dies halten wir für sachlich angemessen.

Für sachlich unangemessen halten wir es, wenn die Polizei-Inspektion Aschaffenburg aufgrund dieser Lappalie ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einleitet und wertvolle Ressourcen, die anderswo dringend benötigt werden, verplempert.

Polizeiinspektion Aschaffenburg Logo
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Sie finden im Anhang den gesamten Vorgang, den wir Ihnen nicht vorenthalten möchten: Anschreiben mit Tatvorwurf, rechtliche Belehrungen, „wichtige Verfahrenshinweise – bitte beachten“ und Betroffenenanhörbogen, das volle Programm. (Siehe Link weiter unten).

Hinweis: Im Straßenverkehrsrecht ist bei nicht gravierenden Verstößen das sogenannte Opportunitätsprinzip (Link zu Wikipedia) anzuwenden, welches der Polizei und anderen zur Prüfung befugten Behörden einen Handlungsspielraum einräumt. Das Opportunitätsprinzip erlaubt insbesondere, innerhalb eines festgelegten Rechtsrahmen zu handeln, in einer bestimmten Art und Weise zu handeln oder auch gar nicht zu handeln. Zu berücksichtigen ist, ob das Einschreiten oder auch das Ignorieren einer Ordnungswidrigkeit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht und dass keine gesetzliche Regelung besteht, die für den konkreten Tatvorwurf etwas anderes vorschreibt.

So nachzulesen in § 47 Abs. 1 OWiG: „Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde“. Angesichts des flächendeckenden bundesweiten Vollzugsdefizits (Stichwort: 1.700 illegale UBER-Mietwagen in Berlin), welcher überwiegend den kaputtgesparten – aber allzu oft auch „wegsehenden“ –  Behörden geschuldet ist, kann an dieser Stelle nicht verstanden werden, dass eine „nach innen nicht wirkende Ordnungsnummer“ derart überbürokratisiert abgewickelt wird.

Anschreiben Tatvorwurf [OWi – Link] – PDF

Mit Kanonen auf Spatzen schießen, sagt man dazu.


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